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100 Jahre Steinkohlenbergbau in
Kamp-Lintfort
- Von der Kohlenkrise bis zum Verkauf an die Ruhrkohle AG (1958 - 1969) -
Letzte Aktualisierung dieser Seite: 13.10.20139
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pfeil_weiss_rechts.gif  Von der Kohlenkrise zur RAG
   Friedrich Heinrich 1958ff.
   Hermann Busche
   Dr. Georg Lange
   Hermann Sirges
   Werner Ricken
   Kamp-Lintfort in den 60er Jahren
   Entwicklung auf Rossenray
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Das Bergwerk Friedrich Heinrich in den Jahren der Kohlenkrise Hermann Busche - Betriebsdirektor in der Zeit von 1959 bis 1961 und Werksdirektor in der Zeit von 1962 bis 1978 von Friedrich Heinrich Dr. Gerhard Lange - Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich in der Zeit von 1962 bis 1966 Hermann Sirges - Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich in der Zeit von 1966 bis 1969 und von 1974 bis 1982 Werner Ricken - Bergwerksdirektor auf Rossenray Die Entwicklung Kamp-Lintforts in den sechziger Jahren Die Entwicklung der Schachtanlage Rossenray bis zur Übernahme durch die Ruhrkohle AG Die Ansichtskarten aus den sechziger und siebziger Jahren nach unten

Das Bergwerk Friedrich Heinrich in den Jahren der Kohlenkrise

Der Beginn der Kohlenkrise 1957/58

Während noch im Jahre 1957 der Inlandsbedarf durch die heimische Kohlenproduktion nicht gedeckt werden konnte, bahnte sich schon ein Jahr später die "Kohlenkrise" an. Ursachen für die unzureichende Bedarfserfüllung war die im Montanvertrag festgelegte Lieferpflicht an die Vertragspartner. So bestand 1957 die italienische Regierung auf Lieferung von 7 Mio. t Steinkohle aus Deutschland. Weil nun die Kraftwerke nicht mehr ausreichend beliefert werden konnten, brach die Energieversorgung in einigen deutschen Städten zusammen und es kam zu Einschränkungen bei der Wärmeversorgung.

Umgekehrt zur Lieferpflicht sah der Montanvertrag aber keine Abnahmepflicht durch die Partnerländer vor. Als die Preise für Heizöl 1958 einen historischen Tiefpreis erreichten, wandte man sich zunehmend billigeren Energieträgern zu. Kohle und Koks ließen sich auf einmal nicht mehr so gut verkaufen und es wurde auf Halde produziert. Die bedeutete weniger Einnahmen, Geldmangel und Finanzierungsprobleme. Auf Friedrich Heinrich mußte am 30. August 1958 die erste von sechs Feierschichten dieses Jahres gefahren werden.

Unter den Bergleuten machte sich Zukunftsangst breit, als erste Pläne zur Stillegung von Betriebsteilen und später sogar von ganzen Schachtanlagen ins Auge gefaßt wurden. Hierdurch sollte die Rentabilität der verbliebenen Anlagen im Bereich der einzelnen Bergwerksgesellschaften erhöht werden.

Bericht in der Rheinischen Post vom 13.09.1958 über die Inbetriebnahme der neuen Trumförderanlage

Der "Sonderfall" Friedrich Heinrich

Die Spuren der großen Krise gingen zwar nicht ganz spurlos an Friedrich Heinrich vorüber, aber die Bindung an das Haus de Wendel erwies sich als großer Glücksfall. Durch die tägliche Versorgung der lothringischen Hüttenwerke mit Koks und Kokskohle wurde der Absatz des größten Teils der Förderung gesichert.

Es konnten sogar schon lange geplante Projekte fortgeführt werden. Dabei ging es um den Aufschluß des Baufeldes Hoerstgen durch die Auffahrung der 500-m- und der 600-m-Sohle, das Abteufen des Schachtes 4 und die Errichtung der Tagesanlagen. Aber auch die Auffahrung des nördlichen Schachtum-triebes im Füllort 600-m-Sohle, Schacht 1 und 2, die Montage eines zweiten Rollkippers in diesem Umtrieb und der Einbau eines Zubringerbandes zwischen Rollkipper und nördlichem Vorbunker gehörten dazu. Diese zweite Beschickungsanlage für Schacht 1 wurde Anfang 1961 in Betrieb genommen.

Unabhängig davon wurde 1958 mit Inbetriebnahme der neuen Turmförderanlage, die eine tägliche Förderkapazität von 21.000 t besaß, Friedrich Heinrich zum damals leistungsfähigsten Schacht der Welt.

Luftbildaufnahme mit dem Bergwerk Friedrich Heinrich aus den späten 50er Jahren

Der Fortgang der Arbeiten am Schacht

Nach Fertigstellung des Füllortes 400-m-Sohle am 23. Januar 1959 wurden die Teufarbeiten in Hoerstgen fortgesetzt. Seit Juli 1956 befanden sich die Querschläge der 500-m- und der 600-m-Sohle in der Auffahrung in Richtung Schacht 4. Die Verzögerung beim Aussetzen des Füllortes 400-m-Sohle führte dazu, daß der Schacht mit der Richtstrecke Ost auf der 500-m-Sohle vorher unterfahren werden mußte.

Deshalb gelang erst am 24. März 1959 der Durchschlag des Schachtes mit dieser Strecke, und der erste Anschluß des Schachtes 4 an die Grubengebäude der Schachtanlage Friedrich Heinrich 1 / 2 war hergestellt. Im Juli 1959 erreichten die Teufarbeiten bei einer Teufe von 588 m das Niveau der 600-m-Sohle.

Die WAZ berichtete am 30.08.1960 über den Baubeginn des Schachtes in Hoerstgen

Im September 1959 wurde der Schacht 4 abgenommen und an die Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich AG übergeben. Die weiteren Arbeiten wurden von einer zecheneigenen Mannschaft durchgeführt. Im Dezember 1959 stand die Schachtglocke im Füllort 500-m-Sohle und die Auffahrung des Füllortes durch Erweiterung der vorhandenen Strecken konnte erfolgen.

Durch die Errichtung neuer Betriebe im neu aufgeschlossenen Feld wurde die Wetterführung wegen der großen Entfernung zu den Schächten 1 und 2 immer schwieriger. Deshalb mußten unbedingt die für die Wetterführung erforderlichen Anlagen am und im Schacht 4 vorrangig vor allen anderen Arbeiten erledigt werden. Der hohe Grundwasserspiegel bereitete bei der unterirdischen Anordnung des Wetterkanals gro-ße Probleme. Eine Lösung brachte die Anschüttung von Grubenbergen auf dem gesamten Zechenplatzniveau um ca. 1,5 m, so daß beim Ausschachten des Wetterkanals und der Fundamente der Gebäude dem Grundwasser ausgewichen werden konnte.

Am 6. August 1960 ging der erste Lüfter in Betrieb und im Oktober 1960 der zweite Lüfter. Im Juni 1960 begannen die Gründungsarbeiten für den Förderturm. Um Juli 1961 war der Turm im Rohbau mit Schachthalle vollendet.

Im Dezember fiel der erste Abschlag im Schachtsumpf zum Weiterteufen des Schachtes bis 646 m. Die Endteufe erfolgte im Februar 1962. Mit der ungewöhnlichen Sumpfteufe von 60 m sollten die Voraussetzungen für ein späteres Tieferteufen zur nächsten Sohle aus dem Sumpf heraus geschaffen werden.

Der Schacht wies sowieso einige Besonderheiten aus. So hatte er anstatt der bisher üblichen 6,10 m einen Durchmesser von 6,50 m und zur Verringerung des Wetterwiderstandes wurden die Spurlatten unter Verzicht auf die üblichen Schachteinbauten unmittelbar an die Schachtwand verlegt und dort an Konsolen befestigt.

Bis zur Inbetriebnahme der Hilfsförderung im Januar 1963 bzw. der Hauptförderung im Juni 1960 liefen die Montage- und Bauarbeiten weiter. Die Waschkaue für 2.000 Belegschaftsmitglieder samt den dazugehörigen Nebengebäuden war mit modernster Klima- und Wärmetechnik ausgestattet.

Am 1. Dezember 1963 konnten die ersten 700 Belegschaftsmitglieder im Schacht 4 anfahren und den Abbaubetrieb im Flöz Girondelle 4 aufnehmen. Am 7. Juli 1964 wurden die beiden betriebsbereiten Kompressoren anläßlich der feierlichen Inbetriebnahme von Schacht 4 von der Gattin des Aufsichtsratsvorsitzenden, Gräfin de Mitry, in Gang gesetzt.

Mit dem Auslaufen des Abbaus oberhalb der 350-m-Sohle im Feld Norddeutschland wurden die Belegschaftsmitglieder weiterer Abbaureviere zur Wetterschachtanlage Hoerstgen verlegt, so daß die Gesamtbelegschaft dort am 1. Juli 1964 betrug.

Arbeiten am Schacht 3 (Norddeutschland) und sonstige Ereignisse

Am 31. Juli 1959 wurde auch das neue Geisbruch-Casino eingeweiht. In diesem Jahr wurden 9,2 Prozent weniger Kohle gefördert als 1958, wobei es allerdings nur zwei Feierschichten gab. Für die Aktionäre wurde eine Dividende von 10 Prozent ausgeschüttet.

Seit 1960 entwickelten sich auf Friedrich Heinrich die Belegschaftsstärke und die Förderung auseinander: die Belegschaft sank durch die Konkurrenz des Öls und die damit verbundene vorzeitige Pensionierung von Bergleuten und gleichzeitig stieg durch die zunehmende Mechanisierung die Förderkapazität. Im Jahre 1960 erzielte Friedrich Heinrich mit einer Förderung von 2.400.393 t Kohle einen neuen Rekord, der 1961 auf 2,4 Mio. t Fettkohle gesteigert werden konnte.

1964 erreichte die Friedrich-Heinrich AG mit 2.561.730 Tonnen Steinkohle die höchste Jahresförderung in ihrer Geschichte. Nach dem vollständigen Übergang der Belegschaft von Norddeutschland nach Hoerstgen konnten im Schacht 3 die für die Seilfahrt erforderlichen Anlagen und Einrichtungen endgültig stillgelegt werden.

Mit dem Auslaufen der Versatzbetriebe und dem Übergang auf Bruchbau in allen Flözen mußte die Möglichkeit geschaffen werden, die unter Tage anfallenden Berge auszufördern.

Der Schacht 1 als Hauptförderschacht und der Schacht 2 mit seiner hohen Auslastung durch Seilfahrt und Materialtransport in nur einer Förderung kamen dafür nicht in Betracht. Schacht 4 bot zwar die technischen Voraussetzungen, aber die Genehmigung für eine zweite Bergehalde war von vornherein ausgeschlossen.

Deshalb blieb nur Schacht 3 übrig, dessen Fördereinrichtungen nur noch für Sondertransporte und Revi-sionsfahrten im Schacht benutzt wurden und der daher diese Funktion übernehmen konnte. Da der Anschluß für die 600-m-Sohle fehlte, mußte der Schacht um ca. 144 m tiefer geteuft werden.

1966 erreichte die Kohlenkrise ihre Höhepunkt. Trotz verbesserter Schichtleistung hatte sich die Ertragslage weiter verschlechter und Friedrich Heinrich zahlte keine Dividende aus.

In der Zeit von Februar bis April 1967 wurde ein 1.220-mm-Großbohrloch hergestellt und am 13. Dezember 1967 begannen die Teufarbeiten. Bereits am 5. März 1968 erfolgte der Durchschlag mit der 600-m-Sohle und am 15. März 1968 fanden die Arbeiten am Großbohrloch ihren Abschluß.

Nach dem Betonieren der Füllortglocke und dem Heraussprengen und Betonieren des westlich des Schachtes gelegenen Seilfahrtskellers fiel am 23. April der erste Abschlag im Sumpf und am 24. Mai 1968 wurde bei 593 m die Endteufe erreicht. Danach erfolgten die Umrüstung des alten Schachtteils auf Stahleinstriche und Stahlspurlatten und die Ausrüstung des neuen Schachtabschnittes in der gleichen Weise. Nachdem die Beschickungs- und Umlaufsysteme montiert worden waren, konnte am 1. Oktober 1969 der Schacht 3 als Bergeförderschacht in Betrieb genommen werden.

Dieser Zeitpunkt markierte auch den Abschluß des letzten größeren Vorhabens, das die Zeche Friedrich Heinrich als selbständiges Unternehmen geplant und durchgeführt hatte. Die nachfolgenden Aktivitäten beruhten zwar auf Planungen der Jahre 1968 und 1969, die Ausführung fiel aber schon in die Ruhrkohle-Ära, die mit dem 1. Januar 1970 begann.

Im letzten Jahr seiner Selbständigkeit erzielte Friedrich Heinrich zwar nicht die höchste Jahresförderung, aber mit 10.185 t die höchste bis dahin erreichte durchschnittliche Tagesförderung. Gleichzeitig wurde die Dividende von 6 auf 10 Prozent erhöht und ein Bonus in Höhe von 4 Prozent gezahlt.

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Hermann Busche - Betriebsdirektor in der Zeit von 1959 bis 1961 und Werksdirektor in der Zeit von 1962 bis 1978 von Friedrich Heinrich
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Hermann Busche, Werksdirektor

Bergwerksdirektor Hermann Busche wurde am 12. März 1919 in Rheinhauseclausthal/Zellerfeld als Sohn einer Bergmannsfamilie geboren.
1938 machte er sein Abitur und mußte danach zum Arbeitsdienst und Militär. Bis 1946 war er Gefangenschaft.
1946 bis 1951 studierte er das Bergfach und legte seine Diplomhauptprüfung ab. Bis 1953 nahm er diverse Stellen an, um seine fachliche Ausbildung zu vertiefen.
1953 begann er als Wetteringenieur auf Friedrich Heinrich, 1959 wurde er Betriebsdirektor des Grubenbetriebs und zum 1. Juli 1962 Werksdirektor.
Am 1. Februar 1977 schied er aus und übernahm Sonderaufgaben für die Ruhrkohle AG. Er verstarb im Jahre 2005.

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Dr. Gerhard Lange - Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich in der Zeit von 1962 bis 1966
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Dr. Gerhard Lange, Betriebsdirektor

Dr. Gerhard Lange wurde am 1. Februar 1920 geboren.

In der Zeit von 1962 bis 1966 war er Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich.

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Hermann Sirges - Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich in der Zeit von 1966 bis 1969 und von 1974 bis 1982
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Hermann Sirges, Bergwerksdirektor

Hermann Sirges wurde am 29. Januar 1931 geboren.
In der Zeit von 1966 bis 1969 und von 1974 bis 1982 war er Betriebsdirektor von Friedrich Heinrich.

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Werner Ricken - Bergwerksdirektor auf Rossenray
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Werner RIcken, Bergwerksdirektor

Werner Ricken war Bergwerksdirektor auf Rossenray.

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Die Entwicklung Kamp-Lintforts in den sechziger Jahren

Ein Höhepunkt der städtischen Schulgeschichte - die Einrichtung des Gymnasiums

Zu Beginn der Sechziger Jahre setzte sich die Erkenntnis durch, daß die Beschränkung auf das Volks- und Hilfsschulwesen sowie auf die Realschule als der einzigen "höheren Schule" bildungspolitisch nicht mehr zeitgemäß war, zumal Kamp-Lintfort zu diesem Zeitpunkt bereits rund 35.000 Einwohner zählte.

1963 beschloß daher der Rat der Stadt die Errichtung eines Gymnasiums zu Ostern 1964 und zwar als "neusprachliche Anstalt für Jungen", in die "auch Mädchen aufgenommen werden". 1964 nahm das Städtische Gymnasium für Jungen und Mädchen mit 2 Lehrkräften und 88 Schüler(innen) in der Marienschule an der Vinnstraße den Betrieb auf. Nach einer vorübergehenden Umsiedlung in das erweiterte Schulzen-trum Gestfeld an der Sudermannstraße, der damaligen Gestfeldschule I, konnte 1967 das neue Schulzentrum im Kamper Dreieck an der Moerser Straße ein, wo gleichzeitig auch die neue Stadthalle am Gymnasium mit über 750 Sitzplätzen eingeweiht werden konnte. Nunmehr verfügte die Schule auch über einen mathematisch-naturwissenschaftlichen Zweig.

Öffentliche Bauten und neue Wohnsiedlungen

In den Jahren 1960/61 entstand an der Prinzenstraße das Kolpinghaus mit einem Jugendheim und einer Gastwirtschaft, der "Zunftstube". Der Kamp-Lintforter Kolpingverein war 1927 gegründet worden. Die Absicht, ein Kolpinghaus in Kamp-Lintfort gab es zwar schon im Jahre 1951, konnte aber erst zu Beginn der Sechziger Jahre in die Tat umgesetzt werden, als das Grundstück von Gertrud Franken kostenlos zur Verfügung gestellt wurde.

Im Jahre 1961 wurden die Bauarbeiten für das Betriebsgelände des Städtischen Fuhrparks und der Freiwilligen Feierwehr an der Oststraße begonnen, die 1962 ihr 50-jähriges Bestehen feiern konnte.

In den Jahren 1962 und 1963 erbaute die "Gemeinnützige Siedlungsgesellschaft Essen-Rossenray GmbH" die sog. Siedlung Rossenray mit 300 Wohnungen, die nördlich der Saalhoffer Straße entstand und für die Belegschaft der Schachtanlage gedacht war. An der Hertzstraße, dem Kahlenhof und nördlich der Straße In den Vierquartieren entstanden zwei- und dreigeschossige Häuser für sechs bis acht Familien. Nördlich der Röntgenstraße wurden drei viergeschossige Flachdachhäuser für je 16 Familien errichtet.

1963 wurde an der Wilhelmstraße wird der Grundstein für eine neue Polizeistation gelegt. 1964 begann mit einem Schwimmfest der Schulen der Badebetrieb im neuen Freibad am Pappelsee, das 2,1 Mio. DM gekostet hatte.

Für den Geisbruch war zunächst die Erstellung weiterer Bergbauwohnungen geplant, was wegen der Kohlenkrise aber nicht realisiert werden konnte. Statt dessen begann man 1963 mit der Errichtung eines Krankenhauses, das eines der größten am ganzen Niederrhein werden sollte. 1967 nahm St.-Bernhard-Hospital mit 450 Kranken- und 40 Säuglingsbetten seinen Betrieb auf und zugleich wurde nach 20 Jahren das St.-Elisabeth-Behelfskrankenhaus in Kamp geschlossen.

Ab 1963 eine allgemeine Bautätigkeit ein: es entstanden Bungalows und Hochhäuser, die bis zu 27 Familien Platz boten und Reihenhäuser und Eigenheime. Gegenüber der Hauptstraße am Krankenhaus, der BGM-Schmelzing-Straße, wurde ein Geschäftsviertel eingerichtet.

1968 konnte die Stadtsparkasse in ihr neues Hauptstellengebäude am Wilhelm-Platz umziehen und das von der Arbeiterwohlfahrt gemietete Berglehrlingsheim, das sich ebenfalls am damaligen Wilhelm-Platz befand, wurde als weiteres Dienstgebäude der Stadt genutzt. In weiteren Außenstellen befanden sich zeitweise u. a. das Jugendamt und das Schulverwaltungsamt. Der Großteil der Verwaltung war jedoch auch weiterhin in der seit 1946 umgebauten ehemaligen Barbara-Schule, dem heutigen Alten Rathaus, untergebracht.

Für Ende der sechziger Jahre ist aber auch von zwei "Bausünden" zu berichten, wobei es sich in einem Falle um einen Abriß handelte: an der Hoerstgener Straße wurde das traditionsreiche Haus Müsers abgerissen. die Stuckdecke des Rokokozimmers und drei Wandvitrinen, die Türen und die Kaminumrahmung aus dem Jahre 1785 gingen in die Obhut des Grafschafter Museums im Moerser Schloß.

1969 wurde an der damaligen Christian- und Friedrichstraße ein Teil der Bergarbeitersiedlung abgerissen und es entstanden die sogenannten "Drei Weißen Riesen", die zu den Wahrzeichen der Stadt gehören.

In den sechziger Jahren entwickelte sich die Moerser Straße endgültig zur Hauptgeschäftsstraße, obwohl sich die Bevölkerung immer mehr in die neuen Wohngebiete verlagerte. Dort waren ca. zwei Drittel aller Einzelhandelsgeschäfte angesiedelt. Neben einigen größeren Kaufhäusern waren dies überwiegend kleinere Betriebe.

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Die Entwicklung der Schachtanlage Rossenray bis zur Übernahme durch die Ruhrkohle AG

Im April 1961 erreichte auch der Schacht 2 seine vorläufige Endteufe. Am 31. Dezember 1959 hatte sich der ursprüngliche Grundbesitz von 573,6 ha durch Zukäufe auf 948,4 ha vergrößert, um genügend Land für den Bau einer Siedlung, die Grubenanschlußbahn und für den Tausch bzw. Ersatz von Flächen, die Landwirte aufgeben mußten, zur Verfügung zu haben. Gleichzeitig mußte das Betriebsgelände wegen der Schaffung von Reserveflächen erheblich vergrößert werden. Die vor dem Krieg ausgewiesene Fläche von 60 ja war auf 228 ha ausgeweitet worden.

Da die Kapazitäten des Bahnhofs Rheinberg nicht ausreichten, verpflichtete sich die Firma Friedrich Krupp AG, die Schachtanlage Rossenray mit dem Bahnhof in Rheinkamp zu verbinden, der bereits seit Jahrzehnten von den Schachtanlagen Rheinpreußen und Friedrich Heinrich als Sammel- und Verschiebebahnhof benutzt wurde. Später sollte auch die geplante Schachtanlage Eversael mit diesem Bahnhof verbunden werden.

Außerdem sollte in Orsoy-Drießen ein Gemeinschaftshafen für die Schachtanlagen Friedrich Heinrich, Rossenray und Eversael mit Anschluß an den Bahnhof Rheinkamp entstehen.

Ab August 1960 wurde mit der Ausrichtung des Grubengeländes begonnen. Ende 1961 konnte am Schacht 2 der hölzerne Abteufturm abgerissen werden.

Das Jahr 1961 hätte fast das Aus für Rossenray bedeutet und die Zeche wäre nie in Betrieb genommen worden. Zunächst wurden die Investitionstätigkeiten gedrosselt mit dem Ziel, durch Verhandlungen mit der Deutschen Erdöl AG (DEA) als Eigentümerin der Rheinpreußen AG für Bergbau und Chemie eine Zusammenarbeit der Bergwerke Rossenray und Pattberg zu erreichen. Im Sommer kam dann der Stillegungsbeschluß, der im Frühjahr 1962 wirksam werden sollte. Allerdings verliefen die Verhandlungen nicht zufriedenstellend, so daß im Februar 1962 die Genehmigung für die Inbetriebnahme mit geringsten Investitionen erfolgte.

Am 1. Juli 1963 konnte die Schachtanlage Rossenray als jüngstes Bergwerk am Niederrhein mit 420 Beschäftigten im Schacht 2 ihren Betrieb aufnehmen. Da es keine Nebenanlagen gab, wurde die Zeche nur für den Gruben- und Tagesbetrieb gebaut. Sie verfügte auch nicht über eine eigene Kokerei. Zu erwähnen ist, daß im Zuge der Kohlenkrise alle Essener Zechen geschlossen wurden, darunter auch die Krupp-Zechen Amalie, Helene und Wolfsbank. Die meisten der Belegschaftsmitglieder, die nach Rossenray wechselten, waren zunächst Pendler, bis sie 1959/60 auf dem Gelände der ehemaligen Ziegelei Pauen und 1962/63 nordöstlich der Saalhoffer Straße in der sog. "Krupp-Siedlung" oder sonstwo im Stadtgebiet niederlassen konnten.

Stolz präsentierten die Schachtbauer den ersten Kübel

Die Tagesförderung betrug zu Beginn 1.000 Tonnen und stieg bis Ende des Jahres 1963 auf 2.000 Tonnen. Zunächst übernahm die Zeche Wolfsbank die Aufbereitung der auf Rossenray geförderten Kohle, wobei die Anlieferung mit LKWs erfolgte.

Der Bau einer eigenen Aufbereitungsanlage in einfachster Form ohne Bunkerung der Roh- und der Endprodukte wurde aber zügig in Angriff genommen, so daß die Anlage im November 1963 in Betrieb gehen konnte.

In den Jahren 1964 und 1965 wurden 100 Mio. DM investiert, um die Förderung auf 5.500 Tonnen/Tag ausbauen zu können. Die Genehmigung hierfür erfolgte im Aufsichtsrat der Friedrich Krupp AG am 7. Februar 1974 für 15 Mio. DM und am 11. Februar 1965 für den Restbetrag von 85 Mio. DM.

Zu diesem Zweck begannen 1964 die Einbauarbeiten im Schacht 1 und die Auffahrung des Füllortes auf der 3. (885 m) Sohle. Außerdem erhielt der Schacht 1 für die Aufnahme der Gefäßförderung seine endgültige Teufe von 1.007 m, während über Tage der Beton-Förderturm und die Hauptlüfteranlage für den ausziehenden Schacht 1 errichtet wurden.

Am 15. Januar 1966 konnte der Hauptlüfter und im August 1966 die westliche Förderung Schacht 1 als Gefäßförderung in Betrieb genommen werden. Sie stand allerdings nur für Seilfahrt zur Verfügung. Die Kohlen-, Material- und Bergeförderung mußte aber weiterhin die Gestellförderung Schacht 2 übernehmen.

Auf Grund der Erfahrungen beim Abbau des Flözes Präsident im Südfeld des Rossenrayer Horstes ent-schloß sich die Werksleitung, den gleichen Zuschnitt für weitere Flöze zu wählen. So begann z. B. für Flöz Mathilde der Abbau im Januar 1966 und ließ Ende 1969 aus. Flöz Albert wurde im Jahre 1968 abgelöst.

Lageplan der Schachtanlage Rossernay aus dem Jahre 1960

Im Jahre 1966 starben bei einem Unglück auf der Schachtanlage Rossenray 18 Bergleute. Am 18. Februar ereignete sich das schwere Grubenunglück, als es um 12 Uhr mittags in einer Strecke im Flöz Präsident zu einer Schlagwetterexplosion kam. Nach der Trauerfeier am 21. Februar in der Sporthalle wurden am 22. Februar elf tote Bergleute unter großer Anteilnahme der Bevölkerung auf dem Waldfriedhof Dachsberg in einem Gemeinschaftsgrab beigesetzt.

Gedenkstätte für die Opfer des Grubenunglücks am 16.02.1966 auf dem Waldfriedhof Dachsberg

Am 5. Mai 1966 - auf dem Höhepunkt der Strukturkrise des Steinkohlenbergbaus - stundeten die Eigen-tümer das Investitionsvorhaben "Fördersteigerung Rossenray" mit der Einschränkung, die im Bau bzw. in Bestellung befindlichen Einrichtungen des Schachtes 1 wegen des fortgeschrittenen Bauzustandes zu vollenden. Zu den Objekten gehörten der erste Baublock der Waschkaue, die Druckluftzentrale, das Schalthaus, der Hauptlüfter und der Förderturm für den Schacht 1 mit einer Vierseil-Förderung.

In der Ausgabe vom 40.06.1969 berichete die WAZ von der Förderleistung auf Rossenray

Im Jahre 1967 wurde auf Rossenray eine Leistung von 5.231 Tonnen Kohle je Mann und Schicht erzielt. Die Gesamtbelegschaft betrug in diesem Jahr zwischen 974 und 986. In diesem Jahr wurde auch der Rohbau des neuen Förderturmes fertiggestellt.

Im Jahre 1968 beschloß die Friedrich Krupp Hüttenwerke AG, das 1966 gestundete Investitionsvorhaben für die Fördersteigerung auf Rossenray wieder aufleben zu lassen und Schacht 1 für die Übernahme der gesamten Förderung mit Hilfe der vorhandenen Gefäßförderung auszubauen. Der bereits begonnene Querschlag nach Norden auf der 3. Sohle wurde nach Süden als Bunkerzufuhrstrecke aufgefahren.

Im Jahre 1969 erreichte Rossenray eine Untertageleistung von mehr als 6 Tonnen/Tag, wobei im März eine Höchstleistung von 7 Tonnen/Rag erreicht wurde. Im Oktober verunglückten mehrere Bergleute tödlich im Flöz Präsident.

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Die Ansichtskarten aus den sechziger und siebziger Jahren

Auffällig für die gesamte Zeit nach dem Ende des Zweiten Weltkrieges ist, daß Ansichtskarten mit der Darstellung von Straßenzügen in der Bergarbeiterkolonie, die jahrzehntelang sehr beliebt waren, nach 1945 nicht mehr verlegt wurden. Im Teil 3 dieser Publikation wurde jedoch bereits darauf aufmerksam gemacht, dass zu Beginn der 50er Jahre einige neue Kamp-Lintforter Kartenmotive mit Bergbaubezug auf den Markt kamen. Bedingt war dies durch die Schaffung mehrerer Berglehrlingsheime sowie durch den vollständigen Neubau des kriegszerstörten Terhardts-Hofes für die Werkschule II der Zeche Friedrich Heinrich. Solche Karten, die durchaus zu einer gewissen Motivvielfalt beitrugen, blieben auch in den 60er Jahren in Gebrauch. Zusätzliche echte Bergbaumotive kamen, sieht man einmal von dem neuen Förderturm ab, allerdings nicht mehr hinzu.

Diese Ansichtskarte zeigt den Papplsee mit der Zeche im Hintergrund

Gerne zeigte man jetzt auf einem Bild - teilweise auch auf Mehrbildkarten - die Silhouette der Zeche Friedrich Heinrich mit dem Pappelsee und damit eine innerstädtische Grün- und Wasserfläche im Vordergrund. Ein solches schwarz-weißes Kartenbeispiel nach dem gefälligen Muster "Zeche mit Erholungsgebiet" ist hier wieder gegeben.

Verlegt wurde diese Karte von Cramers Kunstanstalt KG in Dortmund. Ansichtskarten mit Darstellungen des Friedrich-Heinrich-Schachtes 4 in Hoerstgen oder der Krupp-Zeche Rossenray, die inmitten der Koh-lekrise in Betrieb ging und einen weiteren Bevölkerungszuwachs für die Bergbaustadt mit sich brachte, sind demgegenüber in Kamp-Lintforter Sammlerkreisen bisher nicht bekannt.

Mit Wirkung zum 1. Januar 1970 ging nach längeren Verhandlungen das Bergbauvermögen der seit 1906 bestehenden Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich AG auf die neugegründete Ruhrkohle AG (RAG) über. Friedrich Heinrich als rechtlich selbständiges Unternehmen gab es nicht mehr. Vielleicht auch aus diesem Grund gab Cramers Kunstanstalt 1970 eine neue Karte mit einer Luftansicht des Werksgeländes an der Friedrich-Heinrich-Allee und der östlich an die Zeche angrenzenden Bergarbeitersiedlung heraus.

Diese Luftbildaufnahme zeigt das Bergwerk Friedrich Heinrich um 1970

Die Lintforter Zeche, der größte Arbeitgeber in der Stadt, erscheint zwar weiterhin auf den teilweise in verwirrender Vielfalt in Umlauf gebrachten Mehrbildkarten der anbrechenden 70er Jahre. Die folgende Karte, ein mit dem Stadtwappen verziertes farbiges Produkt des Krapohl-Verlages in Schloss Hülchrath, wurde am 21. März 1971 von Kamp-Lintfort nach Amersfoort in den Niederlanden verschickt.

Mehrbildkarte aus dem Jahre 1971

Der Umstand, daß Zahl und Qualität von Ansichtkarten mit Kamp-Lintforter Bergbaumotiven in den 60er und 70er Jahren deutlich zurück gehen, hängt aber nicht nur mit der zunehmend krisenhaften Situation im deutschen Steinkohlenbergbau zusammen. Nicht zuletzt beruht er auch auf der Verfügbarkeit neuer und andersartiger örtlicher Motive. Man denke insoweit nur an die Siedlungserweiterungen im Geisbruch und im Gestfeld, im Bereich Tor Ost und im Niersenbruch, an den Bau der Kreisberufsschule, des städtischen Gymnasiums und des Krankenhauses, an die stadtbildprägenden "weißen Riesen", an die Hochhausbebauung am früheren Wilhelmplatz und an den 1982 fertiggestellten Rathausneubau.

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