|
Zur Vorgeschichte der Steinkohlenbergwerk Friedrich Heinrich AG
Nach der Rheinüberschreitung des Steinkohlenbergbaus bei Homberg durch die ehrgeizige Pionierleistung des Kommerzienrates Franz Haniel (1854) sowie auf Grund der erfolgreichen Mutungsbohrung Humboldt bei Vluyn (1859) wußte die Fachwelt, daß sich die Kohlenvorkommen des Ruhrreviers auch links des Rheines fortsetzen und dieser somit keine geologische Grenze bildet. Bis zur Einführung des Preußischen Berggesetzes im Jahre 1865 begünstigte die Weitergeltung des französischen Bergrechtes die Verleihung neuer Grubenfelder gleich in mehrfacher Hinsicht. |
So gab es neben der sehr günstigen steuerrechtlichen Behandlung keine gesetzliche Größenbegrenzung bei der Konzessionierung von Feldern. Hiervon profitierten am 21. Mai 1862 auch der in Moers gebürtige Geheime Kommerzienrat Friedrich Freiherr von Diergardt (1795 - 1869) in Viersen, der Kaufmann Ferdinand Stein in Rheydt und der Kaufmann Franz Wilhelm Königs in Köln, als ihnen die 93,9 Mio. qm große "Steinkohlen-Ablagerung" mit dem Namen "Humboldt" in den Kreisen Geldern und Moers verliehen wurde. Durch Vererbung bzw. Verkauf gingen sodann Teile dieses Feldes auf Friedrich Heinrich Freiherr von Diergardt (1820 - 1887), den einzigen Sohn des auf Morsbroich bei Schlebusch verstorbenen Friedrichs von Diergardt, sowie auf den Industriellen Alfred Krupp in Essen über, der den Steinschen Anteil erworben hatte. |
Am 8. Januar und 7. Februar 1874 nahmen die drei Eigentümer Diergardt, Königs und Krupp eine Realteilung ihres Grubenfeldes Humboldt vor, die am 23. Juni 1874 durch Urkunde des Oberbergamtes Bonn bestätigt wurde. Franz Wilhelm Königs erhielt den mittleren und Alfred Krupp den westlichen Teil. Friedrich Heinrich von Diergardt wurde durch diesen Teilungsakt Alleineigentümer des 31.312.199 qm umfassenden östlichen Teils, dem er seine beiden Vornamen gab. Damit war die rechtliche Grundlage für eine selbständige bergbauliche Entwicklung in der Gemeinde Lintfort geschaffen. Die geologisch-tektonische Beschaffenheit der auf Steinkohle verliehenen Berechtsame Friedrich Heinrich war zu dieser Zeit allerdings noch nicht im Einzelnen bekannt. Von seiner Umgrenzung her hatte das neu entstandene Feld die Gestalt eines Vielecks mit einem in Richtung Osten stark ausspringenden Teilstück.
Die von Diergardt am 23. Juni 1874 verliehene Berechtsame "Friedrich Heinrich" erstreckte sich anfänglich auf einer Fläche von 29,4 Mio. m. Es bestanden anfangs also die heute als Friedrich Heinrich 1, Friedrich Heinrich 2 und Friedrich Heinrich 4 bekannten Felder, denn erst 1909 wurde das Feld Friedrich Heinrich 3 hinzugekauft. |
Alle drei Eigentümer beantragten die Erteilung von getrennten Konzessionsurkunden. Für "Friedrich Heinrich" hatte die Urkunde den folgenden Wortlaut:
"Nachdem die Eigentümer des Steinkohlenbergwerks Humboldt ausweise der angehefteten notariellen Note vom 8. Januar und 7. Februar d. J. die reale Teilung der durch die Concessions-Urkunde vom 21 Mai 1862 verliehenen Felder in drei selbstständige Felder beschlossen haben und dieser Beschluß zur Allgemeinen Kenntnis bebracht worden ist, Einsprüche aber von keiner Seite erhoben sind, wird die reale Teilung des Feldes des Steinkohlenbergwerks Humboldt in die selbstständigen Felder Friedrich-Heinrich, Humboldt und Alfred hierdurch bestätigt. Für den Rittergutsbesitzer und Rentner Friedrich Heinrich Freiherrn von Diergardt zu Bonn als Berechtigungsurkunde des nunmehr selbständigen Steinkohlenbergwerks Friedrich Heinrich in den Gemeinden Lintfort, Repelen, Vinn und Vluynbusch im Kreis Geldern, Regierungsbezirk Düsseldorf und Oberbergamtsbezirk Bonn, welches einen Flächeninhalt von 29.415.520 Quadratmetern hat, urkundlich ausgefertigt.
Bonn, den 23. Juni 1874"
Gegen Ende des 19. bzw. zu Beginn des 20. Jahrhunderts, als sich in Deutschland im Zuge eines allgemeinen wirtschaftlichen Aufschwungs auch die Nachfrage nach Kohle verstärkte, kam es am linken Niederrhein zu erneuten Bohrtätigkeiten, und zwar auf dem Kamp-Lintforter Gebiet ab dem Frühjahr 1897. Treibende Kraft hierbei war Kommerzienrat August Stein aus Düsseldorf. In den rein ländlich strukturierten Gemeinden des Kamp-Lintforter Verwaltungsbezirks waren zu dieser Zeit mehrere Spezialfirmen für ihren Auftraggeber mit Tiefbohrungen auf Steinkohle und auch Steinsalz befasst. So bohrten vor den Augen der staunenden Landbevölkerung u.a. die Fa. H. Thumann aus Halle in Saalhoff (1897), Carl Julius Winter aus Kamen in Kamperbruch (1897), die Internationale Bohrgesellschaft aus Erkelenz in Kamp, Kamperbruch und Rossenray (1904 - 1906), Emil Mayer aus Duisburg in Rossenray und Saalhoff (1905 - 1906) sowie die Allgemeine Schürfgesellschaft Düsseldorf in Kamp und Saalhoff (1906 - 1907). Die Ergebnisse dieser ersten Bohrungen, die sich über insgesamt zehn Jahre streckten, sind nicht im Einzelnen überliefert. |
Zu den Interessenten gehörten gleich zu Anfang des 20. Jahrhunderts aber auch die Erben des Geheimen Kommerzienrates Friedrich Heinrich Freiherr von Diergardt, der 1887 auf Bornheim bei Bonn verstorben war. Aus seiner Ehe mit Berta Johanna von der Heydt (1818 - 1902) waren vier Kinder her-vorgegangen: Friedrich Daniel (1850 - 1907), Daniel Heinrich (1852 - 1911), Berta Julie (1854 - ?) und Johannes (1859 - 1934), der unverheiratet blieb. Doch erst im Zeitraum 1901/04, also 14 bis 17 Jahre nach dem Tode Friedrichs von Diergardt, ließen seine Erben auf ihrem Grubenfeld Friedrich Heinrich vier Bohrungen niederbringen, um näheren Aufschluß über die Beschaffenheit der Kohlenlagerstätte zu erlangen. Diese Aufschlußbohrungen auf dem Kamp-Lintforter Gebiet trugen sowohl der Nord-Süd- und Ost-West-Erstreckung des Felderbesitzes als auch den bisher nur vermuteten geologischen Vorfindlichkeiten in diesem Bereich Rechnung.
Der Bohrturm Lintfort 1 stand im östlichen ausspringenden Teil des Feldes Friedrich Heinrich in unmittelbarer Nähe des späteren Zechengeländes, wo man in nur 333,0 m Tiefe das Karbon erreichte. Kamp 1 in der Ebene zwischen Kamperbrück und Niederkamp stieß erst bei 437,6 m auf das Steinkohlengebirge, Kamp 2 nördlich des Hauses Eyll bei 345,6 m und Rossenray nördlich des Nimmendohr-Hofes bei 380,0 m. Diese von den Diergardt-Erben zu Beginn des 20. Jahrhunderts niedergebrachten Bohrungen ergaben durchweg u.a. sehr gute Flöze der Fettkohlengruppe bei ungestörtem Gebirge und flacher Ablagerung mit einer Sattelaufwölbung in der Feldesmitte. und Friemersheim lag. Einen weiteren Antrag stellte eine Gruppe, die sich "Verein" nannte.
|
Franz Haniel - der Begründer des Bergbaus am linken Niederrhein
Franz Haniel, Begründer des Bergbaus am linken Niederrhein
|
Franz Haniel wurde am 20. November 1799 als Sohn von Jakob Haniel und der Gattin Aletta Haniel, geb. Noot, in Ruhrort geboren.
1797 übernahm er zusammen mit seinem Bruder Gerhard das Handelsunternehmen seiner Eltern, das schon 1800 um einen eigenen Kohlenbetrieb erweitert wurde.
Im Jahre 1806 heiratete er Friederike "Fritze" Huyssen. Zwischen 1805 und 1808 erwarb er mit dem Bruder und zwei Schwägern die Eisenhütten "Dt. Antony", "Neu-Essen" und "Gutehoffnung" in Oberhausen.
Im Jahre 1809 wurde das Erbe geteilt und die Kohlenhand-lung in Ruhrort unter dem Namen "Franz Haniel & Cie." fortgeführt. Haniel baute ab 1820 auch Dampfmaschinen sowie Schiffe und engagierte sich ab 1820 auch für den Ausbau des Ruhrorter Hafens.
1830 errichtete er ein Blechwalzwerk, dann 1835 ein weiteres Walzwerk und produzierte 1840 die erste Lokomotive. Seit 1838 wurden diverse Erzgruben betrieben. Ein Walzwerk zur Produktion von Eisenbahnschienen wurde 1841 gegründet, aber 1842 wieder aufgegeben.
Nachdem 1833 bereits Tiefenbohrungen nach Kohle begonnen hatten, begann Haniel auch den Kohleabbau, der 1847 mit der Erschließung der "Zeche Zollverein" in Essen, die 1851 die Förderung aufnahm, erstmals rentabel ausgeführt wurde. Am 24. April 1868 verstarb Franz Haniel in Ruhrort.
|
Friedrich von Diergardt - erster Inhaber der Bergbaurechte auf Kamp-Lintforter Gebiet
Friedrich von Diergardt, erster Inhaber der Bergbaurechte auf Kamp-Lintforter Gebiet
|
Friedrich Freiherr von Diergardt wurde am 25. März 1795 in Moers geboren und gilt am Niederrhein als bedeutender Industrieller.
Diergardt errichtete 1813 in St. Tönis eine Samt- und Samtbandfabrik, die 1816 nach Viersen verlegt wurde. Das Unternehmen war sehr bedeutsam für die rheinpreußische Industrie. In 43 Ortschaften der Regierungsbezirke Düsseldorf und Aachen fanden sich Werkstätten Diergardts. In Viersen wurden etwa 3000 Arbeiter beschäftigt. Die Fabrikate wetteiferten bald erfolgreich mit den französischen und englischen und verdrängten sie vielfach im Welthandel vom Markt. Diergardt beförderte auch durch seinen Einfluß den Ausbau des Eisenbahnnetzes, und beteiligte sich an vielen industriellen Unternehmungen, und war einer der führenden Industriellen bei der Erschließung der Kohlefelder am Niederrhein.
Er fungierte als Abgeordneter der rheinischen Ritterschaft auf den Provinziallandtagen, und wurde 1847 Mitglied des ersten vereinigten preußischen Landtags und des preußischen Abgeordnetenhauses bis 1860, wo er in den Freiherrenstand erhoben und als lebenslängliches Mitglied ins Herrenhaus berufen wurde.
Am 25. März 1859 wurde ihm die Ehrenbürgerwürde von Moers verliegen. Er verstarb am 3. Mai 1869.
|
Friedrich Heinrich von Diergardt - Namensgeber des Bergwerks in Kamp-Lintfort
- leider liegt kein Bild vor -
Friedrich Heinrich von Diergardt, Namensgeber des Bergwerks in Kamp-Lintfort
|
Über Friedrich Heinrich von Diergardt ist nur bekannt, daß er in die Fußstapfen seines Vaters Friedrich trat und Namensgeber des Bergwerks Friedrich-Heinrich in Kamp-Lintfort war.
Er verstarb im Jahre 1887.
- leider liegen keine weiteren Informationen vor -
|
|